Sind elektromagnetische Felder wie Mobilfunk für Insekten schädlich?

Störer mit Text: "Review wertet die Studienlage aus." und ein Bild eines Mobilfunk-Warnzeichens

Die Ergebnisse der BEEFI-Studie von Thill, Cammaerts & Balmori (2023) belegen, dass Mobilfunkstrahlung negative Effekte auf Insekten hat

 

BEEFI: Biological Effects of Electromagnetic Fields on Insects: a Systematic Review and Metaanalysis, Reviews on Environmental Health; Autoren: Thill A, Cammaerts M-C, Balmori A., 2023  doi.org/10.1515/reveh-2023-0072 | www.emf-portal.org/de/article/52384

Die negativen Auswirkungen elektromagnetischer Felder (EMF) auf Insekten sind Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Untersuchungen. Im November 2023 erschien die Studie von Thill, Cammaerts & Balmori mit einer Auswertung der internationalen Studienlage. Neue Erkenntnisse belegen, dass EMF die Fortpflanzungsfähigkeit, das Verhalten, die DNA und die Gesundheit von Insekten beeinflussen können. Studien zeigen ein gestörtes Verhalten von Bienen, eine sinkende Bestäubungsleistung und einen Rückgang der Insektenpopulationen in der Nähe von EMF-Quellen wie Hochspannungsleitungen und Mobilfunkmasten. Die starke Kombinationswirkung verschiedener schädigender Einflüsse im Feld verstärkt diese negativen Effekte zusätzlich.

Es wird dringend empfohlen, das Vorsorgeprinzip beim Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur anzuwenden, da nicht auszuschließen ist, dass die Auswirkungen auf Insektenpopulationen problematisch sind. Mehr Forschung ist erforderlich, um Wechselwirkungen mit anderen Faktoren zu verstehen. Diese Erkenntnisse sollten in politischen Entscheidungen und Planungen berücksichtigt werden, um das Insektensterben nicht weiter zu beschleunigen.

Die Studie von Thill, Cammaerts & Balmori aus dem Jahr 2023 dokumentiert die schädlichen Auswirkungen von EMF auf Insekten. Machen Sie sich selbst ein Bild von den wichtigsten Ergebnissen und Fakten dieser Studie.

Thill A, Cammaerts M-C, Balmori A. (2023): Biological Effects of Electromagnetic Fields on Insects: a Systematic Review and Metaanalysis, Reviews on Environmental Health. doi.org/10.1515/reveh-2023-0072 | www.emf-portal.org/de/article/52384

Die Originalstudie steht hier unten in Englisch, Deutsch und Französisch zum kostenlosen Download, ebenso wie ein Faktenblatt in Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch und Italienisch.

Hintergründe

Der lange Weg zur BEEFI-Studie von Thill, Cammaerts & Balmori

 Schon im Jahr 1999 wurden auf dem Symposium „Effects of electromagnetic fields on the living environment“ der ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) und des deutschen Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) Studien zu Auswirkungen auf Tiere und Insekten angemahnt:


„Zu den spezifischen Themen, die behandelt werden müssen, gehören

  • EMF-Exposition von Tieren, Pflanzen und Meeresorganismen
  • Orientierungs- und Migrationswirkungen auf Vögel und Meeresorganismen,
  • Verhaltensänderungen bei Insekten“ (Tagungsband, S. 8).

Doch das blieb ohne Konsequenzen. Die Forschungslage, die es bis dahin zu Wirkungen des geomagnetischen Feldes, von Radar und weiterer elektromagnetischer Felder verschiedener Frequenzen auf Tiere gab, z. B. von Wiltschko (Vögel) und Warnke (Bienen), wurde nicht systematisch ausgewertet. Studien, die in den beginnenden 2000er Jahren erschienen, wurden von den Behörden heruntergespielt, eigene Forschungsprojekte nicht in Auftrag gegeben.

Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) erkannte früh die Risiken von EMF für Insekten

Die Relevanz wurde immer größer, denn durch den Ausbau der Mobilfunk-Infrastruktur kam es erstmals zu einer flächendeckenden Befeldung. Auf negative Folgen für Tiere wies der BUND im Jahr 2008 in seinem Positionspapier 46 hin und schrieb:


„Schon in den 70er Jahren konnte festgestellt werden, dass Bienen unter dem Einfluss niederfrequenter Felder (10 bis 20 KHz) Stressreaktionen und ein stark reduziertes Rückfindevermögen zeigen. 2005 wurde in einer Pilotstudie zur Wirkung elektromagnetischer Strahlung auf Bienen festgestellt, dass Heimfindevermögen und Wabenbau empfindlich gestört wurden.“

Der Europäische Wirtschafts – und Sozialausschuss fordert vehement Studien

24 Jahre nach dem BfS-Symposium mahnte der EWSA (Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss) am 13.07.2023 nochmals Studien an:

„Der Ausschuss fordert eine EU-Studie, die genaue Daten über die Auswirkungen der von Telekommunikationsantennen ausgehenden elektromagnetischen Strahlung auf wildlebende Bestäuber in ihren natürlichen Lebensräumen und über die notwendigen politischen Maßnahmen zur Gewährleistung eines wirksamen Bestäuberschutzes liefern soll“ (1.8) (https://kurzelinks.de/ls66).

Aus der Wissenschaft kommen mehr und mehr besorgte Stimmen

Der englische Biologe Prof. Dave Goulson schreibt 2021 in seinem Buch „Stumme Erde“:


„Es scheint plausibel, dass solche Felder starke Verhaltensänderungen (bei Insekten) auslösen können … Die meiste Sorge bereitet mir der Umstand, dass auf diesem Gebiet so wenig geforscht wird. Wir haben eine Folge globaler Telekommunikationsnetze eingeführt, in einem riesigen, nicht replizierten Experiment, in dem quasi jedes Lebewesen auf diesem Planeten einer rasch steigenden Dosis hochfrequenter Strahlung ausgesetzt ist, obwohl uns die Konsequenzen noch gar nicht hundertprozentig klar sind“ (S. 221/223).

Auf dem Sciencebrunch 36 der Schweizer FSM-Stiftung der Mobilfunkindustrie referierte im November 2023 eine Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Daniel Erni (Universität Duisburg-Essen) zum Thema „Wo werden mm-Wellen im Gewebe absorbiert? Forschungsansätze für eine virtuelle Mikrodosimetrie der Haut“. Sie untersuchten auch die Auswirkungen von mm-Wellen, wie sie bei 5G und 6G zur Anwendung kommen werden, auf Bienen. Bei ihren Ergebnisse kommen sie zu dem Schluss:

  • „Insekten sind unsere Freunde. Was wäre ein geeignetes Expositionsmaß? SAR? Es gibt neue interessante Fragestellungen und einen entsprechend großen Forschungsbedarf.“

Auf ihrer Präsentation sind in Schaubildern die Einwirkungen von EMF auf Bienen in Computersimulationen dargestellt. 

Neue EMF-(Rot) und Magnetsinn (Blau)-Studien: Die Datenlage hat sich inzwischen verbessert. Seit ca. 2010 nahm die Anzahl durchgeführter Studien zu.

Es gibt inzwischen viele Studien, die darauf hinweisen, dass EMF negative Auswirkungen auf Insekten haben. Sie sind in der Metaanalyse von Thill, Cammaerts & Balmori (2023) dokumentiert. Das Gesamtergebnis: nicht-thermische biologische Wirkungen von EMF im Labor wurden eindeutig nachgewiesen. Diese Effekte würden sich auf die Fortpflanzungsfähigkeit, das Verhalten, die DNA und die Gesundheit der Insekten auswirken. Die Laborergebnisse, die Schädigungen nachweisen, lassen sich zwar nicht 1:1 auf die Feldwirkungen übertragen, aber: „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die im Labor gezeigten Effekte auch unter realen Bedingungen auftreten“ (S.8 der Studie). Die BEEFI-Studie dokumentiert neue Feldstudien, die dies bestätigen. Die Studie einer Arbeitsgruppe Treder et al. (2023) der Uni Hohenheim berichtet über ein gestörtes Heimfindeverhalten von Bienen, Molina-Montenegro et al. (2023) von sinkender Bestäubungsleistung und Nyirenda et al. (2022) und  Adelaja et al. (2021) von abnehmender Abundanz (Dichte) von Insekten in Relation zur Nähe der EMF- Quelle (Hochspannungsleitung, Mobilfunkmast).

Die BEEFI-Studie ist die bislang umfangreichste Aus- und Bewertung der Studienlage zu EMF und Insekten

Im Feld sind Insekten nicht nur EMF ausgesetzt, sondern weiteren schädigenden Einflüssen, so dass durch Kombinationswirkungen von einer noch stärkeren Schädigung ausgegangen werden muss. Thill et al. resümieren:

„Auf der Grundlage einer Bewertung der Gesamtsituation der Studien über Insekten muss vor einem unbedachten Ausbau weiterer Mobilfunkinfrastruktur gewarnt werden, da schädliche Auswirkungen auf Insektenpopulationen zu erwarten sind, insbesondere wenn Wechselwirkungen mit anderen Noxen berücksichtigt werden (u.a. Hochspannungsleitungen und künstliche Beleuchtung). Dies könnte zu einem weiteren Rückgang der bereits schwindenden Bestäuberpopulationen führen und würde somit Kosten für die Menschheit mit sich bringen“ (S. 11).

Der Stand der Forschung erfordert die Anwendung des Vorsorgeprinzips beim Mobilfunkausbau. Abzuwarten, bis alle Detailfragen geklärt sind, wäre unverantwortlich. Die Erkenntnisse über die Gefährdung von Insekten durch elektromagnetische Felder sind nicht mehr nur ungewiss, sondern nähern sich den Beweisen. So heißt es im Review von Mulot et al. (2022), erstellt für die Schweizer Regierung:

„Anthropogene NIS (nicht-ionisierende Strahlung) stellen eine potenzielle Bedrohung für Arthropodenpopulationen dar, da sie den Selektionswert (Fitness), die Fortpflanzung und das Verhalten von Individuen beeinträchtigen.“ „NIS wirken eindeutig subletal auf Arthropoden, sowohl auf der Ebene der Zellen als auch des Organismus.“

Die Auswirkungen von EMF auf das Insektensterben sind ein komplexes Thema, denn das Insektensterben hat viele Ursachen, u.a. den Verlust von Lebensraum, den Klimawandel, den Einsatz von Pestiziden und Veränderungen in der Landnutzung. EMF spielen eine Rolle bei diesem Problem. Weitere Forschung und Untersuchungen sind erforderlich, auch um Wechselwirkungen mit anderen Faktoren herauszufinden. Mit der BEEFI-Studie liegt nun ein ausführlicher Forschungsüberblick vor, der nachweist,  dass die natürlich vorkommenden elektromagnetischen Felder Insekten (wie aber auch Vögeln) zur Orientierung dienen, aber technisch erzeugte Felder sich negativ auf ihre Orientierung und den Organismus insgesamt auswirken.

Dr. Herbert Zucchi, em. Professor für Zoologie und Tierökologie (HS Osnabrück), schrieb den Autoren der BEEFI-Studie: „Ich habe sie jetzt gelesen und bin sehr angetan davon. Darf ich sie weiterverbreiten?“

Und Dr. Ulrich Warnke, ein Pionier der Bienenforschung, sagt im Interview mit diagnose:funk: „Diese Metastudie wurde nach wissenschaftlichen Kriterien durchgeführt und deshalb müssen die Ergebnisse – Insektendezimierung auch durch technisch erzeugten Mobil- und Kommunikationsfunk – in den politischen Überlegungen zwingend berücksichtigt werden.“ (Kompakt 1-2024).

Thill A, Cammaerts M-C, Balmori A (2023): Biological Effects of Electromagnetic Fields on Insects: a Systematic Review and Metaanalysis, Reviews on Environmental Health; www.doi.org/10.1515/reveh-2023-0072    www.emf-portal.org/de/article/52384

Die Zusammenfassung der Studienergebnisse (aus der Studie)

„Zusammenfassung: Weltweit geht die Zahl der Insekten in alarmierendem Maße zurück. Neben anderen Ursachen spielen der Einsatz von Pestiziden und moderne landwirtschaftliche Praktiken dabei eine große Rolle. Die kumulativen Auswirkungen multipler niedrig dosierter Toxine und die Verbreitung von Giftstoffen in der Natur werden erst seit kurzem methodisch untersucht. Bestehende Forschungen weisen auf einen weiteren Faktor anthropogenen Ursprungs hin, der subtile schädliche Auswirkungen haben könnte: die immer stärkere Verbreitung elektromagnetischer Felder (EMF) durch vom Menschen geschaffene Technologien. Diese systematische Übersicht fasst die Ergebnisse von Studien zusammen, die die Toxizität elektromagnetischer Felder auf Insekten untersucht haben. Das Hauptziel dieser Übersichtsarbeit ist es, die Beweise für schädliche Auswirkungen der zunehmenden technologischen Infrastruktur auf Insekten abzuwägen, mit besonderem Augenmerk auf Stromleitungen und das Mobilfunknetz. Die aktuelle Generation von Mobilfunktechnologien, 5G, wird eingeführt, ohne dass sie auf mögliche toxische Auswirkungen getestet wurde.

Mit dem Streben der Menschheit nach einer allgegenwärtigen Technologie könnten selbst geringe Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf Organismen schließlich ein Sättigungsniveau erreichen, das nicht mehr ignoriert werden kann. Es wird ein Überblick über die berichteten Wirkungen und biologischen Mechanismen der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern gegeben, der auch neue Erkenntnisse der Zellbiologie berücksichtigt. Nicht-thermische biologische Wirkungen von EMF auf Insekten sind im Labor eindeutig nachgewiesen, aber nur teilweise im Freiland, sodass die weiteren ökologischen Auswirkungen noch unbekannt sind. Es besteht ein Bedarf an mehr Feldstudien, aber die Extrapolation aus dem Labor, wie es in der Ökotoxikologie üblich ist, lässt bereits auf eine Erhöhung des Bedrohungsniveaus durch Auswirkungen von EMF auf Insekten schließen.“

Interview mit dem Bienenforscher Dr. Ulrich Warnke zum neuen Insekten-Review

Im Interview mit dem renommierten Wissenschaftler Ulrich Warnke wird das dramatische Insektensterben in Verbindung mit der technisch erzeugten Mobil- und Kommunikationsfunkstrahlung diskutiert. Die neue Metastudie von Thill, Cammaerts und Balmori bringt Ergebnisse, die Hoffnung auf politisches Umdenken geben. Warnke betont die gravierenden Auswirkungen des Insektensterbens auf Ökosysteme und die menschliche Gesellschaft. Er kritisiert die bisherige Reaktion von Politik und Medien auf dieses Thema und betont die essenzielle Rolle der Insekten für die Biodiversität und die ökologische Stabilität des Planeten.

Die Meta-Studie zeigt klar den Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und dem Verschwinden der Insekten auf. Warnke spricht sich dafür aus, die Ergebnisse der Studie in den politischen Diskurs einzubeziehen und Maßnahmen zum Schutz der Insekten zu ergreifen. Es wird betont, dass Insekten seit mehr als 300 Millionen Jahren auf der Erde existieren und einen evolutionären Faktor darstellen. Ihr Verschwinden hat weitreichende Auswirkungen auf die Nahrungskette und die Ökosysteme.

Das Interview verdeutlicht die Notwendigkeit weiterer Feldstudien, um die ökologischen Auswirkungen der nicht-thermischen elektromagnetischen Felder auf Insekten zu untersuchen. Warnke betont die Bedeutung von Laborstudien, um den Wirkmechanismus und die potenzielle Schädlichkeit dieser Felder besser zu verstehen. Er äußert die Hoffnung, dass Politik und Gesellschaft auf die Ergebnisse der Studie reagieren und Maßnahmen zum Schutz der Insekten ergreifen.

Lesen Sie hier den gesamten Artikel im PDF.

Die Hauptaussagen der Studie

1. Reale Bestrahlungssituation schädigt - Grenzwerte schützen nicht

„Einige neuere epidemiologische Studien am Menschen und Feldstudien an Insekten, Vögeln und Kiefern in der Umgebung von Mobilfunktürmen deuten jedoch auf chronische schädliche Auswirkungen hin, selbst bei den derzeitigen Leistungspegeln“ (S.6 der Studie).

„36 der 55 Hochfrequenzstudien, über die in dieser Übersicht berichtet wurde, verwendeten Feldstärken von weniger als 6 V/m (~100 mW/m2), und 31 dieser 36 Studien (86 %) fanden dennoch statistisch signifikante schädliche Wirkungen, die bei etwa 2 V/m beginnen und bei 6 V/m ihren Höhepunkt erreichen. Dies liegt unter den von der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) empfohlenen Grenzwerten (41 V/m bzw. 61 V/m über 2 GHz) und sogar unter den besonders strengen Installationsgrenzwerten, die nur in einer Handvoll Ländern gelten“ (S. 10).

„Diese Erkenntnisse über biologische Wirkungen bei Insekten ab etwa 2 V/m implizieren, dass die bestehenden Normen überarbeitet und verschärft werden müssen, um die Belange des Naturschutzes und der Tierwelt zu berücksichtigen“ (S.10).

2. Studien zeigen Schädigungseffekte u.a. auf Fortpflanzung, DNA, Verhalten...

…sowie die Entstehung von oxidativem Stress.

Die aus der Metaanalyse abgeleitete Toxizitätsschätzung „könnte im schlimmsten Fall als eine 50 %ige Zunahme von DNA-Schäden oder eine 33 %ige Verringerung der Fortpflanzungsfähigkeit interpretiert werden“ (S.6).

„Bei den HF-EMF waren die beobachteten Wirkungen überwiegend schädlich (57 %). Etwa ein Viertel wurde als ungewisse Wirkung eingestuft (z. B. erhöhte oder verringerte Fortbewegung). Bei den NF-EMF (133 Experimente) wurde in 29 % der Experimente ein Verhaltenseffekt beobachtet, in 12 % der Experimente betraf die Wirkung den Stoffwechsel und in 11 % war die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt. Bei HF-EMF (238 Experimente) wurden die folgenden Trends beobachtet: verminderte Fortpflanzungsfähigkeit in 37 % der Experimente, verändertes Verhalten (18 %), oxidativer Stress (10 %), DNA-Schäden (7 %) und beeinträchtigte Entwicklung (5 %). In 10 % der Experimente konnte keine Wirkung festgestellt werden“ (S.7) (Anm.: HF=Hochfrequenz; NF=Niederfrequenz).

3. Hohe Signifikanz der Ergebnisse trotz Schwächen in der Studienlage

„In der überwiegenden Mehrheit der Studien wurden Auswirkungen festgestellt, die im Allgemeinen schädlicher Art sind. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Befunde das Ergebnis eines Zufalls sind. Skeptiker könnten einwenden, dass es sich bei den meisten Studien nicht um randomisierte kontrollierte Studien handelte (siehe aber hier [103]). Trotz dieser Unzulänglichkeiten sind die konsistenten Ergebnisse zahlreicher Studien, die von verschiedenen Forschergruppen mit unterschiedlichen Protokollen durchgeführt wurden, ein unwiderlegbares Argument für schädliche Auswirkungen von NF- und HF-EMF niedriger Leistung auf Insekten“ (S. 8).

103. Anglemyer A, Horvath HT, Bero L. Healthcare outcomes assessed with observational study designs compared with those assessed in
randomized trials. Cochrane Db Syst Rev 2014;2014. https://doi.org/10.1002/14651858.mr000034

4. Schlussfolgerung: Die Hinweise und Nachweise erfordern eine vorsorgende Schutzpolitik

„Auf der Grundlage einer Bewertung der Gesamtsituation der Studien über Insekten muss vor einem unbedachten Ausbau weiterer Mobilfunkinfrastruktur gewarnt werden, da schädliche Auswirkungen auf Insektenpopulationen zu erwarten sind, insbesondere wenn Wechselwirkungen mit anderen Noxen berücksichtigt werden (u.a. Hochspannungsleitungen und künstliche Beleuchtung). Dies könnte zu einem weiteren Rückgang der bereits schwindenden Bestäuberpopulationen führen und würde somit Kosten für die Menschheit mit sich bringen“ (S.11).

Die Autoren plädieren für die Finanzierung und Durchführung von Feldstudien und auf Grund der vielen Hinweise auf das Schädigungspotential die Anwendung des Vorsorgeprinzips, d.h. in Naturschutzgebieten dürfen keine Sendemasten aufgebaut werden, also die Bewahrung von „Weißen Zonen“ für Flora und Fauna.

Forderungen

In einigen der ausgewerteten Studien wurden bei Insekten Schädigungen durch Mobilfunkstrahlung ab einer Feldstärke von 2 V /m (~ 10.000 μWatt/m²) festgestellt. Wie in der Ökotoxikologie üblich, empfiehlt sich ein Sicherheitsfaktor von 100 für die Festsetzung eines Grenzwerts. Dies beachtet, dass bislang kein unterer Schwellenwert für die Schädigung von Insekten bekannt ist, dass es auch empfindlichere Insekten als die untersuchten gibt, dass die Bestrahlung in der Realität rund um die Uhr (24/7) besteht, und dass Wechselwirkungen mit anderen Umweltschadstoffen noch nicht untersucht sind.

diagnose:funk fordert von der Politik den Erhalt und den Ausbau von funkfreien Schutzzonen für Insekten. Das bedeutet:

Um Insekten zu schützen, muss die Bundesregierung die Mobilfunkversorgung auf maximal 100 µWatt/m² beschränken. Empfang ist dabei weiterhin mit voller Bandbreite möglich.

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In Naturschutzgebieten dürfen keine Mobilfunksendemasten neu gebaut oder weiter betrieben werden.

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Die Wechselwirkungen zwischen elektromagnetischen Feldern und anderen Umweltschadstoffen müssen untersucht werden.

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Weitere Feldstudien müssen finanziert und durchgeführt werden, um zu klären, wie Insektenpopulationen bereits durch die derzeitige Infrastruktur negativ beeinflusst werden.

BEEFI-Studie im Original (englisch)

Thill A, Cammaerts M-C, Balmori A. (2023): Biological Effects of Electromagnetic Fields on Insects: a Systematic Review and Metaanalysis

doi:10.1515/reveh-2023-0072

Original-Studie

Übersetzung der BEEFI-Studie (deutsch)

Thill A, Cammaerts M-C, Balmori A. (2023): Biologische Wirkungen von elektromagnetischen Feldern auf Insekten: systematischer Review und Meta-Analyse 

Faktenblatt (deutsch)

In unserem Faktenblatt stellen wir Ihnen auf einer DIN A4-Seite eine kompakte Übersicht der relevanten Inhalte der Studie zusammen. Das Faktenblatt eignet sich perfekt als Einstieg ins Thema und zum Weiterreichen.

International downloads of the study and fact sheets

Übersetzungen von Studie & Faktenblatt

Sehr gerne stellen wir Ihnen die Downloads in weiteren Sprachen auf unserer internationalen Webseite bereit.

protect-insects.info

Ergebnisse der BEEFI-Studie (Kurzfassung)

Webinar zur BEEFI-Studie

„Überall geht ein frühes Ahnen dem späteren Wissen voraus.“

ALEXANDER VON HUMBOLDT